Lärmaktionsplan
Sitzungsvorlage Gemeinderatssitzung am 02.07.2024
Rechtliche Grundlagen, Zuständigkeiten
Im Jahr 2002 trat die „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Bewertung und die Bekämpfung von Umgebungslärm“ (Richtlinie 2002/49/EG) in Kraft, welche durch Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (§§ 47a bis 47f) im Jahr 2005 in nationales Recht umgesetzt wurde. In dieser so genannten EU-Umgebungslärmrichtlinie wurde als grundsätzliches Ziel „die Gewährleistung eines hohen Gesundheits- und Umweltschutzniveaus“ beschrieben. Um dieses Ziel zu erreichen sollen schädliche Auswirkungen und Belästigungen durch Umgebungslärm verhindert, ihnen vorgebeugt oder diese gemindert werden.
Die Umgebungslärmrichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, getrennt für Ballungsräume sowie für Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen innerhalb vorgegebener Fristen folgende Aufgaben zu erfüllen: Erfassung und Darstellung des Umgebungslärms in Form von strategischen Lärmkarten, Information der Öffentlichkeit über den Umgebungslärm, Erstellung von Lärmaktionsplänen auf Basis der Lärmkarten unter Beteiligung der Öffentlichkeit sowie Meldung der Ergebnisse an die EU-Kommission. Erstmals wurden im Jahr 2007 landesweit Lärmkarten in reduziertem Umfang* erstellt. Seit dem Jahr 2012 erfolgt die Lärmkartierung alle fünf Jahre mit dem vollen Kartierungsumfang.
Tabelle 1 (PNG-Bilddatei, 57,87 KB, 08.07.2024) (Lärmkartierung / Lärmaktionsplanung: Lärmquellen, Zuständigkeiten und Fristen)
Die Lärmkartierung und die erste Information der Öffentlichkeit erfolgen (außer für die Ballungsräume) in jedem Bundesland zentral durch die jeweiligen Landesämter bzw. für bundeseigene Schienenstrecken durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA), die Ausarbeitung von Lärmaktionsplänen ist dann Aufgabe der betroffenen Kommunen. Ballungsräume sind in Baden-Württemberg die Städte Stuttgart (einschließlich Teilen von Esslingen), Karlsruhe, Mannheim, Freiburg, Heidelberg, Pforzheim, Heilbronn, Reutlingen und Ulm.
In Baden-Württemberg hat die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) über die in der Tabelle genannten Zuständigkeiten hinaus die Aufgabe, die in Baden-Württemberg erarbeiteten Lärmkarten und Lärmaktionspläne dem Umweltbundesamt zur Berichterstattung an die EU-Kommission zu übermitteln. Die LUBW stellt den Kommunen außerdem die Berechnungsgrundlagen und Ergebnisdaten der Lärmkartierung für weitergehende Analysen im Rahmen der Lärmaktionsplanung auf Anfrage kostenfrei zur Verfügung. Die Lärmkarten und Lärmaktionspläne sind mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen und bei Bedarf zu überarbeiten.
Ausprägung der Lärmaktionsplanung
Gemäß dem jüngsten „Kooperationserlass“ des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg vom 08.02.2023 sind Lärmaktionspläne grundsätzlich für alle von der Umgebungslärmkartierung erfassten Gebiete aufzustellen, unabhängig davon, ob Lärmprobleme vorhanden sind oder auf dem kartierten Gemeindegebiet Lärmbetroffene ermittelt wurden.
Bei Lärmproblemen über 65 dB(A) bezogen auf den 24-h-Lärmindex LDEN bzw. über 55 dB(A) bezogen auf den Nacht-Lärmindex LNight (6 – 22 Uhr) ist ein qualifizierter Lärmaktionsplan mit Maßnahmenplanung aufzustellen. Vordringlicher Handlungsbedarf zur Lärmminderung und zur Verringerung der Anzahl der Betroffenen besteht in Bereichen mit sehr hohen und im Blick auf den Gesundheitsschutz grundrechtlich relevanten Lärmbelastungen ab 70 dB(A) LDEN und 60 dB(A) LNight.
In einfach gelagerten Fällen, wenn beispielsweise keine Betroffenen über 65 dB(A) LDEN und 55 dB(A) LNight ausgewiesen sind, kann es ausreichend sein, eine vereinfachte Lärmaktionsplanung durchzuführen.
Darüber hinaus ist in beiden Fällen zu prüfen, ob durch die Ausweisung ruhiger Gebiete zum weitergehenden Ziel der Umgebungslärmrichtlinie beigetragen werden kann, die Umweltqualität zu erhalten und eine künftige Verlärmung solcher Räume zu vermeiden.
Im Kooperationserlass wird den Gemeinden empfohlen, für eine zielgerichtete Lärmaktionsplanung die Lärmkartierung über den gesetzlichen Kartierungsumfang hinaus um weitere lärmrelevante Straßen zu ergänzen und beispielsweise durch eine räumlich differenzierte Betroffenheitsanalyse zu verfeinern. Dadurch können bspw. Gebiete mit Mehrfachbelastungen besser beurteilt, die Grundlage zur Identifizierung potenzieller ruhiger Gebiete verbessert und die Beurteilung von Verkehrsverlagerungseffekten, die möglicherweise mit angedachten Lärmschutzmaßnahmen einhergehen, erleichtert werden.
Lärmaktionsplanung Westerstetten
Einzige Kartierungspflichtige Hauptverkehrsstraße im Gemeindegebiet Westerstetten ist die B 10 Ortsdurchfahrt (OD) Hinterdenkental (Anlage 1 (PDF-Dokument, 716,71 KB, 08.07.2024)). Im Rahmen der LUBW-Lärmkartierung 2017 (Runde 3) wurde für die B 10 ein durchschnittliches tägliches Verkehrsaufkommen (DTV) von 15.850 Kfz/Tag mit einem Schwerverkehrsanteil von 6,4 % aus dem Verkehrsmonitoring BW 2015 berücksichtigt (Anlage 2 (PDF-Dokument, 693,84 KB, 08.07.2024)).
Im Rahmen der LUBW-Lärmkartierung 2022 (Runde 4) wurde für die B30 ein DTV von 16.757 Kfz/Tag mit einem Schwerverkehrsanteil von 6,6 % aus dem Verkehrsmonitoring BW 2019 berücksichtigt (Anlage 3 (PDF-Dokument, 766,88 KB, 08.07.2024)). Damit hat das Gesamtverkehrsaufkommen um rund 6 % und das Schwerverkehrsaufkommen um rund 8 % zugenommen (sieheAnlage 4 (PDF-Dokument, 88,22 KB, 08.07.2024) ).
Betroffenheitsanalyse Runde 4
Entsprechend den Berechnungsergebnissen der LUBW-Lärmkartierung 2022 werden folgende Beurteilungspegel nach RLS-19 ausgewiesen:
- Hinterdenkental 1 66 / 59 dB(A) Tag / Nacht
- Hinterdenkental 2 71 / 65 dB(A)
- Hinterdenkental 3 71 / 65 dB(A)
- Hinterdenkental 4 72 / 65 dB(A)
In den Modelldaten der LUBW 2022 sind folgende Geschwindigkeiten enthalten:
- Tempo 85 / 75 nördlich der Ortslage Hinterdenkental
- Tempo 50 / 50 in der Ortslage Hinterdenkental
- Tempo 85 / 75 östlich der Ortslage Hinterdenkental
In den Modelldaten der LUBW 2022 sind folgende Fahrbahnoberflächen enthalten:
- Splittmastixasphalt SMA-8 nördlich der Ortslage Hinterdenkental
- Referenzbelag in der Ortslage Hinterdenkental
- Referenzbelag östlich der Ortslage Hinterdenkental
Lärmaktionsplan der Runde 4
Die Beurteilungspegel in Hinterdenkental liegen damit an den drei Gebäuden 2, 3 und 4 sowohl am Tag (6 – 22 Uhr) als auch in der Nacht (22 – 6 Uhr) über den Grenzwerten zur Gesundheitsgefährdung. Als Lärmschutzmaßnahme kommt für die OD Hinterdenkental prinzipiell ein entsprechend lärmmindernder Fahrbahnbelag in Betracht.
Nachdem laut EU-Umgebungslärmrichtlinie ausdrücklich keine Einzelfallbetrachtung durchgeführt werden soll, hier jedoch sehr hohe Beurteilungspegel vorliegen, ist die Situation im Zuge der B 10 OD Hinterdenkental im Zuge der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TÖB) mit den zuständigen Stellen im Detail abzustimmen.